16.07.2011

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bitte

kleide mich in liebe
denn ich bin nackt,
bin unbewohnte stadt,
benommen von lärm
taub von trillern,
trockenes blatt im märz.

umhülle mich mit freude,
ich wurde nicht geboren
um traurig zu sein,
die traurigkeit ist mir zu weit
wie ein fremdes kleid.

ich will wieder brennen,
den salzigen geschmack
der tränen vergessen,
die löcher in den lilien,
die tote taube auf dem balkon.

noch einmal mich wiegen
im wehenden wind
schäumende welle
meer über den klippen
meiner kindheit
sterne in den händen
lachende lampe auf dem weg
zum spiegel
in dem ich mich wieder schaue
heilen leibes
beschützt
an die hand genommen
vom licht
von grüner wiese und vulkanen
das haar voller spatzen.
schmetterlinge spriessen
aus meinen fingern
luft nistet in den zähnen
und kehrt zurück zur ordnung
des universums bewohnt
von zentauren.
kleide mich in liebe
denn ich bin nackt.


gioconda belli

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2 Kommentare:

Gerhard hat gesagt…

Hallo Marianne, ich habe 4 Bände mit Gedichten von Gioconda Belli. Es gibt da viel Schönes zu entdecken und viel Trauriges ...
Gerhard

marianne hat gesagt…

wie bei dir :-)